Freitag/Samstag, 8./9. September 2000

4. Haydauer Gesundheitstage

"Check your body - move your body "


HAYDAUER GESUNDHEITSTAGE

"Jagen Sie ihre Kinder vor die Tür"

VON ALEXANDRA LACHE-ELSEN

In einer Talkrunde zur Eröffnung der 4. Haydauer Gesundheitstage kamen politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte des Sports zur Sprache, aber auch ganz persönliche „Beweggründe".

ALTMORSCHEN • „Joschka Fischer hat es vom Dauerfutterer zum Dauerläufer geschafft", stellte die Kabarett-Gruppe „Mens sana in corpore sanatorium" fest. Gleichwohl räumten sie ein, dass der DreieinhalbZentner-Ex-Kanzler doch einige Sympathien gerade wegen seines Körpergewichts genoss.

Man muss sich nicht von Kindesbeinen an dem Sport verschreiben wie Malte Masuth, der als Neunjähriger professionell in den Badminton-Sport einstieg und bald den Olympiakader Deutschland empor klomm. Heute klopft der 16-Jährige in einer Tennisakademie in Essen die Tennisbälle schon hauptberuflich. Sein Ziel: Eine Platzierung in den Top 100.
Sport muss Teil unseres Lebens sein", betonte Wirtschaftsminister Dieter Posch. Selbst gerade zurück von einer dreiwöchigen Fahrrad-Tour, die von Genf über acht Pässe nach Nizza führte, nannte er Sport für sich einen „persönlichen Ausgleich". Grundsätzlich würden dadurch die Sozialkassen entlastet.
In unserer Gesellschaft wird Krankheit bezahlt, nicht Gesundheit", dieses Fazit stammte nicht von der Kabarett-Gruppe, sondern von dem Sportmediziner Prof. Dr. Hermann Buhl, der in Bad Wildungen als Reha-Mediziner arbeitet. Er riet zu einer ärztlichen Untersuchung in Sachen Herz-Kreislauf, Stoffwechsel, Atmung und Bewegungsablauf - gerade jenen, die im höheren Alter Sport betreiben wollen.
Eine professionelle Untersuchung, bestätigte er auf Nachfrage des Moderators Claus-Peter Müller von der Grün, müsse aus eigener Tasche bezahlt werden. „Die Medizin ist zu viel auf Reparatur statt auf Gesundheit eingesellt", plädierte er für das persönliche Engagement jedes Einzelnen.
Diese Investitionen können sich die Aspiranten sparen, die den Spaß am Sport bereits im Kindergarten entwickeln.
Wenn Sie Kinder haben, jagen sie sie öfter vor die Tür", betonte Max Alter, Lehrer an der Grundschule Körle.
Sport als Wirtschaftsfaktor war das Thema, zu dem Dr. Klaus Lukas, Vorstandsvorsitzender der Kasseler Sparkasse, Zahlen nannte. „Sport schafft Arbeit", sagte er im Hinblick auf 700 000 Arbeitsplätze in der Bundesrepublik. Er schätzte die Zahl in Nordhessen auf 600 Unternehmen mit etwa 7000 Arbeitsplätzen, die sich - direkt oder indirekt - mit Sport beschäftigen. Er forderte eine vermehrte Kombination von Tourismus und Sport in der Region.

Motivation für Arbeit

Alleine das Unternehmen B.Braun Melsungen AG gibt für Sport im Jahr rund 500 000 Mark aus, so eine Schätzung von Klaus Hofer, Vorstandsmitglied des Unternehmens, das in in Melsungen rund 4400 und weltweit etwa 28 000 Mitarbeiter beschäftigt. „ Sicherlich schöpfen Mitarbeiter aus Sport Motivation, die sich auf die Arbeit überträgt", so die Einschätzung des Arbeitsdirektors Hofer.
Während der Pharmakonzern in Sachen Sport auf Bewährtes setzt wie Gesundheits- und Ernährungsberatung, aktuelle Informationen in der Hauszeitschrift „Online", Betriebsfußball und Kegeln, werden in Felsberg auch aktuelle Trends für junge Leute umgesetzt. In Felsberg werde mit einem Inliner-Platz und Beach-Volleyball-Anlagen einiges getan, um sich Trends anzupassen, berichtete Felsbergs Bürgermeister Klaus Stiegel.
Queen Mum trinkt seit 50 Jahren regelmäßig eine Flasche Gin, das konserviert", mit dieser „sportlichen Höchstleistung", die die Kabarett-Gruppe anführte, wäre Ralf Salzmann niemals aufs Siegertreppchen gestiegen.

Erst mal Seitenstechen

Salzmann, Olympiateilnehmer und fünffacher Deutscher Meister im Marathonlauf, ermutigte, auch nach jahrelanger sportlicher Abstinenz einen Anfang zu wagen. Der frühere Ruderer begann nach einer vierjährigen Pause erst vor 22 Jahren wieder mit dem Laufen, „anfangs habe ich nach 3000 Metern mit Seitenstechen aufgegeben".
Inge Knauff-Matyschok berichtete über ihren „Leidensweg" mit der Bandscheibe hin zur Lehrerin für Wirbelsäulengymnastik. „In der Gemeinschaft etwas zu tun, fällt leichter", sagte sie, schloss jedoch mit einem Satz, der von „Mens sana in corpore sanatorium" hätte stammen können: „Manche bleiben schnell weg, wenn sie merken, dass sie sich selbst bewegen müssen."

Zum Ausklang des Abends lud Georg Ludwig Braun, Vorsitzender des Fördervereins Kloster Haydau, die Besucher der Gesundheitstage zu einem Fitness-Buffet ins Kloster.


Klosterscheune

„Sport als Lebenselixier" mit diesem Thema beschäftigten sich drei Talkrunden in der Klosterscheune. Beteiligt waren Moderator Klaus Peter Müller von der Grün, der Sportmediziner Prof. Dr. Hermann Buhl , Wrtschaftsminister Dieter Posch, der Grundschullehrer Max Alter und Dr. Klaus Lukas, Vorstandsvorsitzender der Kasseler Sparkasse.


4. HAYDAUER GESUNDHEITSTAGE

Laufen für das Wohlbefinden


Herz und Kreislauf in Schwung halten lautete die Botschaft der 4. Haydauer Gesundheitstage. Mit dem Marathonläufer Ralf Salzmann drehten knapp hundert Volkssportler ihre Runden um das Kloster.



Arme schlenkern, Füße schütteln: Mit Ralf Salzmann hatten die Teilnehmer des Volkslaufs in Altmorschen einen Profi vor sich, der eine kompetente Anleitung geben konnte, welche Gymnastikübungen gemacht werden sollen, um die Muskeln für das Laufen optimal aufzuwärmen.

ALTMORSCHEN • „Wer gesund bleiben will, sollte sportlich Joggen oder dynamisch Walken", so das Credo von Ralf SaIzmann der am Samstag bei den 4. Haydauer Gesundheitstagen die Teilnehmer des Volkslaufs beriet. Die Veranstalter der Gesundheitstage hatten mit dem aktiven Leistungssportler Salzmann, einst Mitarbeiter der Bereitschaftspolizei, einen Mann vom Fach ins Kloster Haydau nach Altmorschen geholt.

Verschiedene Strecken

Knapp hundert Bürger aus der näheren und ferneren Umgebung trafen sich mit Salzmann zum Aufwärmen. Ehe die Teilnehmer an den Start gingen um wahlweise Strecken von 1000, 2500 oder 3600 Meter zu laufen, machte der zweifache Olympiateilnehmer und fünffache Deutsche Meister im Marathonlauf mit den Sportbegeisterten ein wenig Gymnastik im Klostergarten.

Es ist wichtig, das Herz- und Kreislaufsystem zu stärken. Lauft Euch gesund", erklärte Salzmann den Volkssportlern, „Wir gehen die Sache locker und gelöst an". Spaß solle das Laufen machen und kein ehrgeiziger Wettkampf werden - einfach mal etwas gegen die zunehmende Bewegungsarmut in der Wohlstandsgesellschaft tun.
Joggen für das Kloster" lautete das Motto, unter dem der Förderverein Kloster Haydau die Gemeinde Morschen und der Melsunger Bibliomed-Verlag zu den Gesundheitstagen eingeladen hatten. Neben dem Laufen fanden die kostenlosen Gesundheitstests großen Anklang. Nicht ohne Grund: Sportmediziner und Klinikärzte stellten ihr umfangreiches Wissen und ihre medizinischen Apparate am Nachmittag zur Verfügung.



Aus der Art Sandkasten, der mit etwa 50 Grad temperiert ist, wollte keiner gerne wieder raus.
Walter Süß, Firmeninhaber von Psammo-Therm, therapiert seine "Patienten" mit dieser Methode
nach einer 3800 Jagre alten, ägytischen Heilmethode gegen Rückenleiden.

Medizinischer Check

Mehr als 500 Menschen ließen sich per EKG Blutdruck und Puls kontrollieren oder - als Vorbeugung vor Schlaganfällen via Doppler-Sonografie bis auf die Nieren, Leber und Galle prüfen.

Mit einer so großen Resonanz der Gesundheitstage hatten wir gar nicht gerechnet", freute sich Uta Meurer, Geschäftsführerin des Melsunger Verlages Bibliomed, einer der Initiatoren der Gesundheitstage. Als Organisatorin der Veranstaltung begrüßte sie mit Horst Boltz auch den ältesten Freizeitsportler des Tages. Mit seinen 73 Jahren nimmt der rüstige Treysaer im Jahresdurchschnitt noch immer an rund 30 Dauerläufen teil, bei denen er zwischen fünf und zehn Kilometern läuft. (zgr)