Montag, 11. Dezember 2000, 19.00 Uhr

Haydauer Uweltforum

Rüdiger Nehberg

berichtet über seinen
Kampf für die bedrohten Yanomami in Brasilien.

Rüdiger Nehberg berichtet über seinen Kampf für die bedrohten Yanomami in Brasilien

Wieder befasst sich das Haydauer Umweltforum in seinem neuen Vortrag mit der Bedrohung von Kulturen, die noch im Einklang mit ihrcr natürlichen Umwelt leben.
In einer 90-minütigen Dia-Reportage erzählt Rüdiger Nehberg über seinen seit 20 Jahren andauernden Einsatz für das Überleben der Yanomami im brasilianischen Regenwald.
Er berichret über ihre Lebenskunst, ihre Vernichtung durch Völkermord und Zerstörung ihrer natürlichen Lebensgrundlagen. Dabei geraten er und seine Begleiter häufig selbst in Lebensgefahr.
Seine dazu unternommenen Atlantiküberquerungen fanden weltweites Medieninteresse. Das Einbaum seiner letzten spektakulären Aktion war auf der Expo zu besichtigen.
Mit diesem Vortrag und einer anschließenden Diskussion will das Haydauer Umweltforum wieder einmal verdeutlichen, dass Vielfalt der Arten, Lebensformen und Kulturen eine Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Menschheit sind.
Unsere lokalen Agenda-Prozesse haben nur Aussicht auf Erfolg, wenn die Chancen für künftige Generationen durch weltweite Achtung und Bewahrung natürlicher und kultureller globaler Vielfalt erhalten bleiben: Niemand kann sich und seinen Nachkommen „heile Inseln" inmitten eines geplünderten Globus bewahren.
Der Eintrittspreis ist für die Förderung einfacher Solartechnik im afrikanischen Sahel gedacht, deren Einsatz für die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Überlebensfähigkeit dortiger Kulturen dringend benötigt wird.

Ich würde mich freuen, Sie persönlich zu dieser interessanten und spannenden Veranstaltung begrüßen zu dürfen.

Landrat Jürgen Hasheider


PROGRAMM

19.00 Uhr

    Uhr Begrüßung und Einführung:
    Landrat Jürgen Hasheider

19.15 Uhr Vortrag:

    Rüdiger Nehberg berichtet über seinen Kampf für die bedrohten Yanomami-Indianer in Brasilien und sein Eintreten fur Lebensweisen, die sich mehr an der schonenden Nutzung natürlicher Ressourcen orientieren.

Anschließend: Fragen und Diskussion


Eintritt: DM 10,-

Kartenvorverkauf ab 1. November 2000 bei den Geschäftsstellen der Kreissparkasse Schwalm-Eder
in Melsungen, Tel.: 05661-707213 und
in Morschen, Tel.: 05664-948321

Der Erlös ist für die Förderung einfacher Solartechnik in Afrika bestimmt.


Der gemeinnützig anerkannte Verein „Sonnenenergie für Westafrika e.V." unterstützt in aktiver Zusammenarbeit mit der Association pour la Promotion de l' Exploitation de l' Energie Solaire (APEES) örtliche Partnerwerkstätten beim Bau und Vertrieb von Solarkochern und einfacher photovoltaischer Systeme, die
• die Abholzung im Sahel für Brennzwecke entbehrlich machen sollen und
• den Solarstrom für Leben, Arbeiten, Schule, Kommunikation und medizinische Versorgung auf Kosten anderer Energieträger fördern.

Bisher konnten bereits über 500 Solargeräte durch Partnerschaften aus Europa finanziert werden. Der Nutzer kann das Geld ratenweise abzahlen; die Rückflüsse ermöglichen den Ausbau dieser neuen Erwerbswirtschaft.

Rüdiger Nehberg

Kampf gegen Verstümmelung

Er kann packend erzählen und hat zahllose lustige Anekdoten im Gepäck.
Doch vor allem hat er ernste Anliegen: Survival-Pabst Rüdiger Nehberg hat derVerstümmelung von Mädchen in Afrika den Kampf angesagt und bittet um Hilfe dabei.

MORSCHEN • Er springt von einem Fuß auf den anderen, hockt sich nieder, hüpft auf einem Bein, schneidet Grimassen und schlägt sich die Hand aufs kahle Haupt: Wenn Rüdiger Nehberg erzählt, tut er das mit gleichem Körpereinsatz, mit dem er durch Dschungel und Wüste streift oder den Atlantik auf den wunderlichsten Gefährten quert.
Doch spektakuläre Aktionen sind für den inzwischen 65-jährigen Überlebenskünstler und Umweltaktivisten nie Selbstzweck sondern stets professionell eingesetzte Mittel, um die Aufmerksamkeit möglichst vieler Menschen auf Missstände zu lenken.
Dies gelang dem Hamburger Bäckermeister auch am Montag beim 4. Haydauer Umweltforum, das von der Gemeinde Morschen, der Kreissparkasse, dem Schwalm-Eder-Kreis und dem Hessischen Forstamt Spangenberg veranstaltet wurde. Rund 160 Besucher füllten den Saal im Kloster Haydau bis zum Rand, einige mussten sogar wieder nach Hause gehen.

Mal atemlos, mal mit fröhlichem Lachen verfolgten die Besucher die Erzählungen des kleinen Mannes mit den unternehmungslustig funkelnden Augen. Ganz anders wurde einigen, als Nehberg mit Lichtbildern untermauert schilderte, wie er bei seinem Überlebenstripp durch Deutschland einer Ringelnatter den Frosch aus dem Schlund presste, um ihn selbst zu essen. Oder als er zeigte, wie ein Österreicher ein Schlange durch die Nase hinein und zum Mund wieder hinausführt. Oder wie er sich bei den Kampfschwimmern der Bundeswehr auf diverse Atlantik-Überquerungen vorbereitete.

Quer über Atlantik

Gleich drei Mal schaffte der dabei stets seekranke Nehberg die 4000-Kilometer-Fahrt über den „großenTeich": mal imTretboot, mal auf einem Floß, mal auf einem riesigen Baumstamm. Über 20 Jahre lang setzte er sich mit derart spektakulären Aktionen für das Lebensrecht und die Dschungelwelt der Yanomami-Indianer in Brasilien ein. Mit Erfolg: Endlich scheint das Lebensrecht der Naturvölker im Regenwald Südamerikas gesichert.

Jetzt hat der 65-Jährige einer „fundamentalen Menschenrechtsverletzung" den Kampf angesagt. Täglich werden, so berichtete Nehberg, weltweit rund 5000 Mädchen auf qualvolle Weise beschnitten. Mit oft rostigen Rasierklingen werden den Kindern im Alter von acht Jahren ohne Betäubung Klitoris und Schamlippen abgeschnitten. Die Wunde wird mit Akaziendornen zugenäht, bis sie bis zu einer oft nur noch erbsengroßen Öffnung zusammengewachsen ist. Die Mädchen leiden schreckliche Qualen,werden zu Empfängnis und Geburt geöffnet, danach wieder zugenäht und dies alles vorgeblich im Namen des Korans.

Hilfsorganisation

Die von Nehberg gegründete Organisation „Target" (Englisch für Ziel) sucht vor allem in islamischen Ländern Unterstützung im Kampf gegen die Beschneidung, die nirgends im Koran gefordert werde. Nehberg hat dazu zwei Kernsätze formuliert, für deren Unterzeichnung er kämpft: „Wer Frauen verstümmelt, verhöhnt Allahs perfekte Schöpfung. Wer die Frauenverstümmlung mit dem Koran begründet, diskriminiert die Weltreligion Islam".

Auch in Morschen ersparte der Umweltaktivist seinen Zuhörer nichts. Mit schonungslosen Bildern und Berichten warb er für Unterstützung im Kampf gegen die Beschneidung.
Nach dem rund 90-minütigen Vortrag signierte Rüdiger Nehberg viele seiner zahlreichen Bücher und stellte sich dem Gespräch mit den Besuchern. Die machten reichlich davon Gebrauch und erlebten den prominenten Gast als ausgesprochen auskunfts- und kontaktfreudig.

Hilfe für Afrika

Landrat Jürgen Hasheider hatte Nehberg und die Besucher begrüßt. Der Erlös aus dem 4. Haydauer Umweltforum, so Hasheider, solle nach Afrika fließen. Dort, in der Sahelzone, solle es in Melsungens Partnerstadt Koudougou in Burkina Faso und in anderen Ländern für den Kauf von Solarkochern verwendet werden.
(tom)