25. September 2003, 19.00 Uhr • Kloster Haydau • Beitrag 5,- EUR

HNA vom 29. September 2003
Wenn Frauen sich engagieren
Diskussion um Motive und Wirklichkeit
MORSCHEN. 0hne ehrenamtlich Tätige könnte der Staat gar nicht alle seine Aufgaben bewältigen."
Gespräche: Ulrike Schnell (links), Vorsitzende von Soroptimist International, dem weltgrößten Service berufstätiger Frauen und dem weiblichen Pendant zu Rotary, diskutiert bei einem Imbiss mit der Referentin Marlies Hempel.
FOTO: SCHÜLER

Staatsanwältin Marlies Hempel hielt am Donnerstag Abend ein Plädoyer für das Ehrenamt, auch bürgerliches Engagement genannt.
Der Engelssaal in Altmorschen bot eine adäquate Kulisse für die vielen ehrenamtlich engagierten Frauen, die in das Kloster Haydau gekommen waren. Warum dieses Engagement? Dieser Frage ging Marlies Hempel in ihrem Vortrag nach und verband dabei die Untersuchungen der Enquete Kommission „ Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements" des Deutschen Bundestages mit ihren eigenen reichhaltigen Erfahrungen.
Zur Zeit sind etwa 22 Millionen Menschen in Deutschland ehrenamtlich engagiert, und das mit steigender Tendenz. Neben selbstlosen Motiven

Ein ganzes Bündel
an Gründen


wie Mitgefühl mit Benachteiligten spielen auch durchaus eigennützige Motive eine Rolle: der Erwerb neuer Fähigkeiten, eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, persönlicher Ausgleich zu einer weniger erfreulichen beruflichen Situation, Abwechslung und das Gefühl, gebraucht zu werden, gehören zu dem ganzens Bündel an Gründen, warum sich jemand für das Gemeinwohl einsetzt.
Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Solange Kinder unter drei Jahren im Hauhalt leben, sind Frauen unterproportional, Männer dagegen überproportional vertreten. Eine Feststellung, die für Heiterkeit im Publikum sorgte. Männer besetzen eher die Führungspositionen.
Und das sogar in den weiblich dominierten Bereichen des sozialen und pflegerischen Engagements. Männer erhalten eher Anerkennung für ihre Arbeit. Angefangen bei der Wertschätzung des Partners, bei Presseberichten bis hin zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes - Männer werden nach Meinung der Referentin immer bevorzugt.
Eine Forderung an die Gesellschaft ist daher auch die Anerkennung dieser wichtigen Arbeit, neben einer besseren rechtlichen Absicherung und steuerlichen Vorteilen. Eine Aufwandspausschale oder andere steuerliche Entlastungen sind in Planung.
In der Diskussion interessierten sich einige Frauen für die Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern. Gudrun Meurer, Leiterin der „Grünen Damen" im Klinikum Melsungen, berichtete über ihre Schwierigkeiten, in Sondershausen eine ähnliche Qrganisation aufzubauen. Ob es nun die fehlende Tradition der Vereine ist oder die höhere Arbeitslosenquote der neuen Länder blieb Spekulation.
Nach der Nahrung für Gehirn und Geist servierten die Organisatorinnen der Reihe Gespräche im Kloster" einen Imbiss. Diese Gelegenheit, die vielen noch offenen Fragen weiterzudiskutieren, wurde gerne angenommen. (ZLL)