Geschichtlicher Überblick (Kurzfassung) Vom Kloster, Park und Lustschloss... Das mittelalterliche Kloster Haydau ist das in seinem Bestand am besten erhaltene Zisterzienserinnenkloster Hessens. |
Im Jahre 1232 begab es sich, dass Konrad Landgraf von Thüringen und sein Feldhauptmann Friedrich von Treffurt die Mainzer Stadt Fritzlar überfielen und dort wüteten. Zunächst gelang es ihnen nicht, die Kernstadt einzunehmen, und sie bereiteten sich schon auf den Abzug vor, da "aber liefen die gemeynen wybere uff die mure in der Stad und hingen ire nackeden arsse uwer die czynnen und ryfen en zu", dass sie fliehen würden. Diese Provokation entzürnte die Krieger derart, dass sie nun doch Fritzlar erstürmten, die Stadt samt Peterskirche verbrannten und mit den Reliquien übel hausten. Beide Herren mussten büßen und Friedrichs Familie bot zur Sühne dem Propst Gumbert aus Fritziar ihre Stiftung um die Heide, also Haydau an. Am 23. Januar 1235 bestätigte Propst Gumbert diese Übergabe an die Zisterzienserinnen. In der Mitte des 14. Jahrhunderts hatte sich Kloster Haydau nicht nur zum geistigkulturellen. sondern auch zum wirtschaftlichen Zentrum entwickelt, an das die Landgrafen Städte und Dörfer verpfändet hatten. Aber wie fast alle Klöster im nordhessischen Raum wurde es 1527 mit der Einführung der Reformation aufgehoben und in der Folge als landgräfliches Jagdschloß genutzt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts fanden unter Landgraf Moritz umfangreiche Baumaßnahmen statt. Diesem Umbau entstammt der sogenannte Engelsaal über dem ehemaligen Refektorium im Südflügel. der durch einen prachtvollen Kamin und einer mit Engeln, Wolken und Blumengebunden bemalten Decke besticht. 1685 wurden unter Landgraf Karl erneut Umgestaltungen vorgenommen und die Orangerie, die man dem Architekten Paul du Ry zuschreibt, erbaut. Letzte große Veränderungen erfuhr Haydau im Zuge seiner Nutzung als landwirtschaftliche Domäne seit 1830. |
![]() | Zeichnung des Klosters Haydau |
Heute ist das sanierte Kloster auf dem besten Wege erneut kultureller und sozialer Mittelpunkt zu werden dank eines multiplen Nutzungskonzeptes, das sowohl wissenschaftliche Seminare und Tagungen als auch private Veranstaltungen beinhaltet und die Kultur fest einbindet. Und die hat in Orangerie, Zehntscheune und Klostergarten neue, vielgestaltige Wirkungsräume gefunden. Es behielt seinen Charakter seit dem 13. Jahrhundert bei, auch wenn sich seine Gestaltung über viele Epochen hinweg wandelte und heute frühgotische, gotische, Renaissance- und Barockelemente aufweist. Zunächst Kloster, dann landgräfliches Lust- und Jagdschloss, später kurhessische Staatsdomäne, schließlich landwirtschaftliche Versuchsanstalt - war das Anwesen dem Wechsel der Zeit unterworfen und vom Verfall bedroht. |
Erst 1982 wird das Herrenhaus saniert und zum Rathaus der Gemeinde Morschen. Seit 1985 wird auch das Kloster in einem Modellprojekt gesichert und saniert: Aus Klosteranlage und Lustschloß entsteht ein Zentrum für Kommunikation und Kultur in einem besonderen Ambiente, das Tradition und Innovation, Natur und Kultur, Bodenständigkeit und Weltoffenheit miteinander verbindet. |
723 | Errichtung einer Kapelle in Haydau durch Bonifatius, urkundlich nicht belegte Überlieferung. | |
1235 | Mit Urkunde vom 23. Januar Stiftung des Zisterzienserinnenklosters durch Hermann IX. von Treffurt, den Bruder Friedrichs von Treffurt zu Spangenberg. Erste Äbtissin wird Gertrud von Leimbach aus dem Geschlecht derer von Leimbach, eine Vertraute der hl. Elisabeth von Thüringen. | |
1319 | Das Kloster brennt während einer Fehde nieder, wird aber schon im nächsten Jahr wieder aufgebaut. | |
1350 | Die Herren von Treffurt zu Spangenberg verkaufen die Herrschaft Spangenberg mit dem Kloster Haydau an Landgraf Heinrich II. von Hessen. Das Kloster ist reichster Grundbesitzer im Amt Spangenberg. | |
1384 | Dem hessischen Landgrafen Hermann II. vom Mainzer Erzbischof Adolf I. vorgeworfene Klosterplünderung hat den Kirchenbann für Hessen zur Folge. | |
1387 | Papst Urban VI. löst den Bann im Juli. | |
1493 | Landgraf Wilhelm II. lässt, mit Einwilligung des in Spangenberg residierenden Landgrafen Wilhelm I., die bisherigen Nonnen wegen ihres Sittenverfalls durch Schwestern aus Kentrup in der Mark Brandenburg ablösen. Das Kloster wird nach einer Visitation des Abts von Walkenried nach den Regeln der Bursfelder Kongregation reformiert. Das Kloster gewinnt neues Ansehen. | |
1514 | Ablasserteilung durch das Kloster; Wallfahrtskapelle Haydau auf dem Kapellenberg. | |
1517 | Bettelaktion der Nonnen mit Ablassbriefen auf dem Ostermarkt zu Kassel unter Äbtissin Elisabeth von Rheine. | |
1525 | Während des Bauernkriegs plündern wütende Bauern das Kloster am 24. April. Urkunden und Inhalt der Bibliothek sind seitdem verschwunden. | |
1527 | Das Kloster wird nach der Einführung der Reformation aufgelöst; es wird zunächst ãLandgräfliches VorwerkÒ des Landgrafen Philipp des Großmütigen. Die Nonnen werden abgefunden. Das verbleibende Klostervermögen wird zur Bezahlung von Schulen, Kirchen, Pfarrern, Siechen- und Krankenhäusern verwendet, zumeist im Raum Melsungen-Spangenberg | |
1556 | Eine der ersten Dorfschulen Niederhessens wird im Gebäude eingerichtet. | |
1606-1608 | Errichtung von Wirtschaftsgebäuden, "Burggrafenhaus" und Teilen des "Herrenhauses". | |
1616-1619 | Umbau zum Jagdschloss durch Landgraf Moritz von Hessen-Kassel und dessen zweiter Frau Juliane. Der heute bestehende Bau stammt weitgehend aus dieser Zeit. | |
1690 | Umgestaltung des Herrenhauses und des Parks und Bau der Orangerie durch den Hofbaumeister Johann Conrad Giesler, unter Landgraf Karl und seiner Frau Amalia von Kurland. | |
1830 | Haydau wird Staatsdomäne. | |
1938/1940 | Auflösung der Domäne. Im Herrenhaus ab 1937 erstes Arbeitsdienstlager für Frauen im Kreis Melsungen. Parzellierung und Vergabe der landwirtschaftlichen Flächen an Bauern, die auf Grund von Autobahnbau und Anlegung des Truppenübungsplatzes Schwarzenborn ihr Land verloren hatten. | |
Ab 1940 | Unterbringung von polnischen und französischen Kriegsgefangenen in den ehemaligen Kloster- und Domänengebäuden. | |
1943 | Nach der Bombardierung von Kassel verlegt die "Hessische Heimat" ihre Geschaftsräume bis 1946 in die Klostergebäude. | |
1962 | Renovierung der Kirche. | |
1977 | Die Kirche erhält eine neue Orgel. | |
1982 | Das Herrenhaus wird zum Rathaus der Gemeinde Morschen. | |
1983 | Die ehemalige Klosterkirche wird nach grundlegender Renovierung wieder eingeweiht. | |
1985 | Beginn der Sanierung der ehemaligen Klosteranlage. | |
2001 | Fertigstellung und Wiedereinweihung. | |
2009 | Aufnahme der Parks in das European Garden Heritage Network. | |
2010-2013 | Das Herrenhaus wird zur Tagungsstätte und die Orangerie wird zu Tagungs- und Festsaal. Der alte Marstall, die sogenannte Klosterscheune und das dazwischen liegende Kutscherhaus werden denkmalgerecht restauriert und zu einem Tagungszentrum umgebaut. | |
2013 | Zusammen mit einem neu erbauten 136-Zimmer-4 Sterne-Hotel wird das Tagungs- und Seminarzentrum eröffnet. | |
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