>> WAS DU ERERBT VON DEINEN VÄTERN, ERWIRB ES, UM ES ZU BESITZEN ! <<
Johann Wolfgang von Goethe 28.8.1749 (Frankfurt/Main) - 22.3.1832 (Weimar) deutscher Dichter





Die drei Personen, die den Hauptanteil an der "Wiedergeburt" von Kloster Haydau mitverantworten. Ihnen sei für ihr Engagement ganz herzlich gedankt.








"Bergmann als Mahner, Kiesow als Vollstrecker und L.G. Braun als der Manager" von Kloster Haydau

Katharina Thiersch als Hauptkonservatorin beim Landesamt für Denkmalpflege Hessen




ohlgemuth)

(Zusammenstellung von Otto Wohlgemuth)


Waltari Bergmann........                         .....mehr...

* 9. Juni 1918 in Berlin-Lichterfelde
† 9. Oktober 2000 in Treysa

Keiner, der mit ihm zu tun hatte, ist von der Ausstrahlung dieser starken Persönlichkeit unbeeindruckt geblieben. Alle, die ihn näher kennen lernen durften, wissen, dass Freundschaften zu schließen und diese zu pflegen ihm über alles gingen. Diese Wesensmerkmale und seine Tätigkeiten als Pädagoge, Heimatforscher und Repräsentant der Chöre haben ihn zu einer der bekanntesten und geachtetsten Persönlichkeiten Hessens werden lassen.
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Waltari Bergmann wird am 9. Juni 1918 in Berlin-Lichterfelde geboren. In Holzweiß bei Bitterfeld wird er eingeschult, besucht bis 1937 das Reformgymnasium in Bitterfeld und studiert bis 1939 an der Hochschule für Lehrerbildung in Cottbus in der Niederlausitz. Erste Berufserfahrungen als Lehrer sammelt er in Langenthal im Kreis Hofgeismar und in Veithsteinbach und Eichenried in der Rhön. Dann wird er Soldat. Holland, Frankreich, Russland, Jugoslawien. Jahre, die bei ihm wie bei vielen seiner Altersgenossen tiefe Spuren hinterlassen haben.

Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft wird er 1946 Lehrer und Schulleiter in Langenstein im Marburger Land. Hier lernt er seine Frau Katharina kennen. Er übernimmt die musikalische Leitung der örtlichen Chöre und beginnt mit seiner Betätigung als Heimatkundler. 1950 wird er Leiter der einklassigen Volksschule in Vockerode-Dinkelberg bei Spangenberg. Als Dorfschullehrer leitet er auch hier den Männergesangverein. Der Schwerpunkt seiner Heimatforschungen liegt nun im ehemaligen Kreis Melsungen. Regelmäßig veröffentlicht er die Ergebnisse in Tageszeitungen und in Kreisjahrbüchern. Hessische Schulbücher tragen seinen Namen als Autor. Zahlreiche Dorfchroniken stammen aus seiner Feder. Als ihn 1958 Bürgermeister Richard Horchler und Dr.Eduard Puhl bitten, das Festbuch zur 700-Jahrfeier Neumorschens zu schreiben, sagt er nicht nein. Es wird die erste umfassende Geschichte des Mörscher Raumes, in dem er bald seine endgültige Heimat findet: Als die Landschulreform sich ankündigt, lockt ihn Bürgermeister Jakob Frankfurth nach Altmorschen. Hier wird er 1961 Hauptschullehrer und in stürmisch werdenden Zeiten 1965 Rektor der entstehenden Georg-August-Zinn Mittelpunktschule. Jakob Frankfurth und Waltari Bergmann sind die Garanten für die Einrichtung und den Ausbau der Mittelpunktschule. Waltari Bergmann beendet seine Tätigkeit als Pädagoge 1981 durch Versetzung in den Ruhestand. Rechtzeitig genug, um sein siebzehntes Buch zu schreiben: "Tausendjähriges Morschen". Tausende von Sängerinnen und Sängern kennen das markante Erscheinungsbild Waltari Bergmanns aus seinen über 2000 Auftritten bei örtlichen Veranstaltungen. 32 Jahre lang, von 1962 bis 1994 ist er Vorsitzender des Sängerkreises Heiligenberg. Im April 1994 geht er nach 24 Jahren als Präsident des Mitteldeutschen Sängerbundes beim Bundessängertag in Homberg von der Bühne und wird Ehrenpräsident. Seine freundlichen und dennoch deutlichen Erinnerungen, die Sänger in der öffentlichen Zuwendung ebenso zu behandeln wie die Sportler, oder seine stetigen Mahnungen "Rettet Kloster Haydau" blieben bei den Politikern nicht ohne Wirkung. Nie wurde er bei aller Beharrlichkeit verletzend. Dass er "nebenbei" noch fast ein Vierteljahrhundert Kreisnaturschutzbeauftragter und Vorsitzender der Lehrergewerkschaft war, bezeugt den Respekt vor seiner Persönlichkeit. Vielfach wird Waltari Bergmann aufgrund seines außergewöhnlichen Engagements für die Allgemeinheit geehrt. 1981 wird er Morschens erster Ehrenbürger. Adelshausen und Bergheim hatte ihm bereits diese Würde verliehen. Heinebach benennt eine Straße nach ihm. Landrat Franz Baier überreicht ihm den Ehrenbrief des Landes Hessen, sein Kollege August Franke das Bundesverdienstkreuz am Bande und Ministerpräsident Walter Wallmann 1989 das Bundesverdienstkreuz 1.Klasse. 1994 zeichnet ihn Ministerpräsident Hans Eichel mit dem Hessischen Verdienstorden aus. Er erhält die Ehrenplaketten der Kreise Hersfeld-Rotenburg und Schwalm-Eder. Der Mitteldeutsche Sängerbund verleiht ihm seine höchste Auszeichnung, die Louis-Spohr-Plakette, der Hessische und der Deutsche Sängerbund die Ehrenplaketten. Fast unüberschaubar die Ehrenmitgliedschaften, Ehrennadeln- und teller vieler Chöre und Sängerkreise.

Seine Hoffnung und die seiner Freunde, dass er, der Mahner zur Rettung des Klosters den Abschluss der Sanierungsarbeiten noch erleben kann, erfüllten sich nicht. Waltari Bergmann stirbt am 9. Oktober 2000.

Otto Wohlgemuth...................mehr...




Prof. Dr.-Ing E.h. Gottfried Kiesow

* 7. August 1931 in Alt Gennin, Landkreis Landsberg (Warthe)
+ 7. November 2011 in Wiesbaden

Auch Dr. Kiesow hat die Sanierung von Kloster Haydau zur Chefangelegenheit erklärt und nutzt alle seine Möglichkeiten, die Maßnahme voranzutreiben. Die Gemeinde Morschen ehrt ihn nach seiner Pensionierung mit der Verleihung der Würde eines Ehrenbürgers. In einer Feierstunde am 15.Mai 1997 im Westflügel des Klosters wird dem langjährigen Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege in Wiesbaden diese besondere Auszeichnung zuteil. Bürgermeister Joachim Kohlhaas lässt in seiner Laudatio die Verdienste Kiesows Revue passieren. Landrat Jürgen Hasheider sieht die Mörscher Ehrenbürger als Gespann: "Bergmann als Mahner, Kiesow als Vollstrecker". Nicht nur die Mörscher wissen: ohne den engagierten Einsatz von Gottfried Kiesow wäre die Sanierung des Klosters nicht gelungen.



Gottfried Kiesow wird 1931 im heutigen Polen geboren. Sein Lebensweg führt den "Preußen" wie er sich immer selbst bezeichnet, aus dem elterlichen Pfarrhaus an der Warthe nach 1945 in den Westen. An der Universität Göttingen studiert er Kunstgeschichte, klassische Archäologie, Geschichte und Theaterwissenschaft und promoviert mit dem Thema "Das Maßwerk in der Deutschen Baukunst bis 1350". Nach einem fünfjährigen Stipendium am kunsthistorischen Institut Florenz wird er Bezirksdenkmalpfleger in Hannover und Braunschweig. 1966 wird er Landeskonservator und Präsident des Hessischen Landesamtes für Denkmalpflege. Ab 1975 lehrt er als Honorarprofessor an der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Kunstgeschichte. Gemeinsam mit einigen wenigen deutschen Spitzenmanagern gründet er die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, ist zunächst stellvertretender Vorsitzender und dann Vorsitzender dieser Stiftung.

Schon unmittelbar nach seinem Amtsantritt in Hessen 1966 informiert er sich vor Ort über den Zustand von Kloster Haydau, muß aber erkennen, daß er mit seinem Jahresetat von 300.000 DM für alle Denkmäler Hessens dem Kloster keine wirksame Hilfe bieten kann. Dr. Gottfried Kiesow erreicht mit seiner Beharrlichkeit und seiner fachlichen Überzeugungskraft, daß die Landesmittel für die Denkmalpflege Zug um Zug erhöht werden und schließlich 1974 auch das Hessische Denkmalschutzgesetz wirksam werden kann.

Dies hat auch Folgen für Morschen und Kloster Haydau. Der Abbruch des Hauses Raabe - wie es die Straßenplanung vorgesehen hatte - kann verhindert werden. Dr. Gottfried Kiesow ist es auch zu verdanken, daß Mittel für den Umbau des Herrenhauses zum Rathaus bereitgestellt werden, und er ist es schließlich, der unmittelbar nach der 1000-Jahr-Feier 1985 im Fernsehen verkündet: Die Sanierung von Kloster Haydau ist finanziell abgesichert und kann beginnen.

Fortan läßt er keine Gelegenheit aus, seine vorgesetzten Ministerinnen und Minister zu einer Visite nach Morschen zu bitten und nutzt alle seine Möglichkeiten, die Sanierung voranzutreiben. Auch als er 1996 als Landesbeamter in den Ruhestand tritt, ist er als Vorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz regelmäßig Gast in Morschen und hilft, wenn es zu Verzögerungen bei den Sanierungsarbeiten oder zu Schwierigkeiten bei der Finanzierung kommt.

Bürgermeister Joachim Kohlhaas hat in seiner Laudatio formuliert, was viele Mörscher denken: "Herr Professor Dr. Gottfried Kiesow, Sie haben sich ein Denkmal in den Herzen der Mörscher Bürger und Einwohner gebaut. Wir wollen Ihnen Heimat sein. Aus diesem Grunde verleihen wir Ihnen das Ehrenbürgerrecht der Gemeinde Morschen!"

Am 7. November 2011 stirbt Prof. Dr. Kiesow nach längerer schwerer Krankheit im Alter von 80 Jahren in Wiesbaden. In einer bewegenden Feierstunde am 15. November in der Wiesbadener Marktkirche wird auch seiner Verdienste um Morschen und das Kultur denkmal Haydau gedacht. Wir haben ihm unendlich viel zu verdanken.





Prof. Dr. h. c.
Ludwig Georg Braun

Am 23.August 2001hatte es die Gemeindevertretung einstimmig beschlossen, wenige Tage später, am 4. September wird in einem Festakt im Westflügel Ludwig Georg Braun die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Morschen verliehen. Bürgermeister Herbert Wohlgemuth hebt in seiner Laudatio die außergewöhnlichen Verdienste des Melsunger Unternehmers hervor: Ohne Brauns persönlichen Einsatz bei auftretenden Schwierigkeiten während der Bauarbeiten und bei der Finanzierung, ohne dessen Ideen und Initiativen, hochkarätige Veranstaltungen schon während der Bauphase in den Klosterräumen durchzuführen und ohne Brauns erfolgreiches Werben um Spendengelder wäre man sicher noch weit von dem gesteckten Ziel entfernt. Altmorschens ehemaliger Pfarrer Günter Schaub bringt es in einem launig vorgetragenem Gedicht auf den Punkt mit der Zeile "Hätte doch zu seinem Schutz jedes Denkmal einen Lutz". Parlamentsvorsitzender Karl-Heinrich Schönewald dankt dem neuen Ehrenbürger für die Gemeindevertretung.

Ludwig Georg Braun wird 1943 in Kassel geboren. In seiner Heimatstadt Melsungen besucht er nach der Volksschule das Gymnasium. Dem Abitur folgen eine Ausbildung bei der Deutschen Bank in Kassel zum Bankkaufmann, praktische betriebswirtschaftliche Studien in England und in den USA und die Übernahme der Geschäftsleitung der Laboratorios Americano S.A. Niteroi in Brasilien, einer Gesellschaft mit 1600 Mitarbeitern. 1972 tritt er in das Unternehmen seiner Vorfahren, die B.Braun Melsungen AG ein. Seit 1972 ist er dort Vorstandsmitglied, ab 1977 Sprecher des Vorstandes und später Vorstandsvorsitzender der weltweit agierenden Firma mit 1999/2000 27.500 Mitarbeitern. Sein ehrenamtliches Engagement ist vielfältig. In seiner Heimatstadt wird er Stadtverordneter und leitet über Jahre Melsungens größten Verein, die MT 1861. Er engagiert sich in der Region, ist unter anderem Mitglied der Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und Ehrensenator der Gesamthochschule Kassel. Seit 1991 ist er Präsident der Industrie- und Handelskammer in Kassel und seit dem 13. Februar 2001 Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages in Berlin.

1990 wird die Idee geboren, einen Förderverein Kloster Haydau zu gründen. Dieser Verein soll vor allem den Restaurierungsablauf fördern, die Verwaltung des Klosters während und nach der Restaurierung organisieren, eine Stiftung für Kloster Haydau einrichten, Spenden einwerben und kulturelle, wissenschaftliche und allgemeinbildende Ausstellungen und Veranstaltungen organisieren. Landeskonservator Professor Dr. Gottfried Kiesow kann Ludwig Georg Braun für diese Aufgabe als Vorsitzenden des Fördervereins gewinnen. Unter der Führung von Ludwig Georg Braun wird das Nutzungskonzept Zug um Zug schon während der Sanierungsarbeiten umgesetzt. Mit den fünf Schwerpunkten
- Familienfeiern
- Tagungen
- Kultur
- Wissenschaft
- Touristik
soll "neues Leben in alte Mauern" gebracht werden. Wenn es gilt Spenden zu erbitten, geht er selbst mit bestem Beispiel voran. Die Zustifterveranstaltungen, die er initiiert, bringen größere Beträge. Namhafte Vertreter der Wirtschaft wie zum Beispiel Hilmar Kopper, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank oder Hans-Peter Stihl, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, referieren vor zahlungskräftigen Zuhörern aus ganz Deutschland im Kloster. Doch unter den rund 20.000 Einzelspenden sind auch viele "kleinere" Beträge, die zum Erfolg der Stiftung beitragen und das Konto des Fördervereins kontinuierlich anwachsen lassen.

In seiner Laudatio in der Feierstunde erinnert Bürgermeister Herbert Wohlgemuth noch einmal an die Stationen von 1990 bis zum Abschluß der Sanierungsmaßnahmen im Herbst 2001 und hält fest:
Wie gut dem Förderverein seine selbst gestellte Aufgabe gelungen ist, zeigt die Tatsache, daß die Unterstiftung Kloster Haydau bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz mit einem Stiftungskapital von über 1,5 Millionen DM die erfolgreichste nach der Stiftung Frauenkirche Dresden ist. Sehr geehrter Herr Braun, sie haben mit Ihrem Wirken zum Wohle unserer Heimatgemeinde Morschen ein Beispiel für herausragenden bürgerschaftlichen Einsatz zur Erhaltung unserer einmaligen Klosteranlage gegeben. Durch Ihr Wirken haben Sie die Gemeinde Morschen weit über die Gemeindegrenzen hinweg bekannt gemacht. Sie haben in der Gemeinde Morschen Geschichte geschrieben, wir wollen Ihnen und Ihrer Familie Heimat sein.

Aus diesem Grunde verleihen wir Ihnen heute das Ehrenbürgerrecht der Gemeinde Morschen.



Katharina Thiersch (Foto: Berger)

Katharina Thiersch (* Oktober 1938) (entnommen WIKIPEDIA )

Eine bedeutende deutsche Denkmalpflegerin.
Die Tochter des Stadtkonservators von Wiesbaden absolvierte zunächst ein
Architekturstudium in Aachen, das sie mit dem Ingenieur-Diplom abschloss, und verbrachte dann ein zweijähriges Stipendium am kunstgeschichtlichen Institut in Rom. Von 1973 bis 2003 war sie in der hessischen Denkmalverwaltung tätig. Zuletzt arbeitete sie als Hauptkonservatorin beim Landesamt für Denkmalpflege Hessen in Marburg.

Thiersch setzte sich stets engagiert für den Denkmalschutz in Nordhessen, insbesondere beim Kloster Haydau in Morschen, bei der Totenkirche in Schwalmstadt-Treysa oder beim Dom in Fritzlar ein. Bei ihrer Verabschiedung in den Ruhestand wurde sie für ihre Verdienste bei der Altstadtsanierung mit der Ehrenplakette der Stadt Fritzlar ausgezeichnet. Für ihre besonderen Leistungen wurde ihr 2004 durch den deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler das Verdienstkreuz Erster Klasse verliehen. Als Hauptkonservatorin im Ruhestand ist Katharina Thiersch heute noch auf Verbandsebene aktiv und eine gefragte Gastdozentin und Vortragsrednerin.


27. September 2003

Neue Perspektive für alte Gebäude
Konservatorin Katharina Thiersch kann auf dreißig Jahre Denkmalschutz in der Region blicken

Von Inge Thaetner

MARBURG. An manch historischer Stätte Nordhessens war sie von Zeit zu Zeit die bestgehasste Frau. "Ja, ja, das ist sicher so", Katharina Thiersch, Hauptkonservatorin beim Landesamt für Denkmalpflege, können solche Aussagen nicht mehr erschüttern. Dreißig Jahre für den Schutz der Zeugen nordhessischer Geschichte zuständig, hat sie reichlich Gelegenheit gehabt, Gelassenheit zu üben. Jetzt geht sie in Rente.

Seit 1973 ist sie in der hessischen Denkmalverwaltung tätig. Und bis heute gilt uneingeschränkt der Satz aus der Laudatio zum 25jährigen Dienstjubiläum 1993: "Mit zäherBeharrlichkeit, verbunden mit hoher fachlicher Kompetenz und menschlicher Bescheidenheit wirkt Katharina Thiersch an der nordhessischen Fachwerkfront - oft bis zur Grenze der physischen Belastbarkeit." Daran hat sich nichts geändert. Als wir Katharina Thiersch bei strömendem Regen wenige Wochen vor ihrem 65. Geburtstag treffen, klettert sie in Homberg gerade vom Gerüst der Marienkirche.

Für das Architekturstudium hatte das Elternhaus den Keim gelegt. Schließlich hatte der Vater als Stadtkonservator von Wiesbaden über Jahrzehnte wesentlichen Einfluss auf das städtebauliche Gesicht der hessischen Landeshauptstadt. Nach dem Studium in Aachen bekam die junge Architektin ein zweijähriges Stipendium am traditionsreichen kunstgeschichtlichen Institut in Rom. Spätestens seit diesem Zeitpunkt war klar, dass die Arbeit hinter dem Schreibtisch eines Architekturbüros nicht der Berufstraum von Katharina Thiersch war. "Alten Gebäuden eine neue Perspektive zu geben", das erschien ihr viel spannender. Bauherren, die Werte derVergangenheit nahe zu bringen, statt für den Abriss für die Sanierung zu werben - daran setzte sie ihre ganze Überzeugungskraft. Und hat erfahren, dass viele Entscheidungen gegen den Denkmalschutz meist aus Unwissenheit getroffen wurden. Wer ihre Einwände als Ratschlag und Hilfestellung für den Erhalt eines historischen Kleinods begriff, machte gute Erfahrungen, war über das Ergebnis oft ausgesprochen beglückt. Zeitgenossen, die Regenwasser in die Mauern laufen ließen bis die Bausubstanz kaputt war, hat die Konservatorin zwar erleben müssen, zur Regel gehören sie glücklicherweise nicht.

Die großen öffentlichen Projekte wie beispielsweise Kloster Haydau in Morschen, die Totenkirche in Treysa, der Dom in Fritzlar sind Leuchttürme der Denkmalpflege in Nordhessen, die Katharina Thiersch besonders ans Herz gewachsen sind. So wie die vielen "fähigen Handwerker der Region", wie sie sagt, die sich für alte Techniken haben begeistern lassen, Fortbildungen in Kauf nahmen und nun mit Maurer-, Putz- oder Steinmetzarbeiten die professionelle Stütze im Denkmalschutz sind. Ihnen gilt auch die Zukunftssorge der Konservatorin. Bleiben die Aufträge aus, müssen Fachleute entlassen werden, deren Kenntnisse verloren gehen.


30. Oktober 2003

Abschied vom Arbeitsleben

FRITZLAR. Mit einem Kolloquium, an dem Freunde, Kollegen und Fachleute teilnahmen, wurde die Hauptkonservatorin Katharina Thiersch vom Landesamt für Denkmalpflege in Fritzlar (Schwalm-Eder-Kreis) in den Ruhestand verabschiedet. Gemäß ihrer preußischen Tugenden hatte sie sich mit Antwortkarte korrekt angemeldet zur Feier: "Wir waren also vorgewarnt: Sie würde kommen", so ihr Chef Prof. Dr. Gerd Weiß, Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege. Mit einer guten Portion Wehmut würdigten die Festredner das Engagement der überzeugten Denkmalpflegerin, die wegen ihrer Hartnäckigkeit im Interesse der Baudenkmale nicht unumstritten war. Fritzlar zeichnete sie mit der Ehrenplakette aus und dankte ihr damit für ihre Verdienste bei der Altstadtsanierung. (ULA)



Katharina Thiersch feierte 80. Geburtstag
entnommen Klosterbrief XXI  -  2018

Ein „Juwel“ an unserer Seite

Am 7. Oktober 2018 feierte Katharina Thiersch im historischen Umfeld der Scheune auf dem Hof Fleckenbühl in Cölbe-Schönstadt bei Marburg mit vielen Wegbegleitern ihren 80. Geburtstag. Ein bewegtes Leben – ganz im Dienst der Denkmalpflege und somit unseres baulichkulturellen Erbes.

Hauptkonservatorin beim Landesamt für Denkmalpflege Hessen
 
Katharina Thiersch stammt aus einer bedeutenden Gelehrten- und Architektenfamilie, was sicher wegweisend für ihre Berufswahl war. Nach dem Architekturstudium in Aachen zieht es sie 1967 für zwei Jahre nach Rom. An der Bibliotheca Hertziana beschäftigt sie sich vor allem mit Alt-St. Peter, dem Vorgängerbau des heutigen Petersdoms. Danach geht sie nach Stuttgart an die Technische Hochschule, wo sie am Institut für Bauge- schichte als Assistentin tätig ist. 1973 nimmt sie ihre Tätigkeit im Landesamt für Denkmalpflege Hessen in der Außenstelle in Marburg auf. 30 Jahre wirkt sie in Nordhessen trotz unzureichender finanzieller Ausstattung beharrlich gegen den Veränderungsdruck in den Altstädten und Dörfern. Ihr Auftreten ist stets durch hohe fachliche Kompetenz, verbunden mit einer gleichzeitig zurückhaltend bescheidenen, fast leisen Art, geprägt. Sie verschafft sich Gehör durch leise Töne.

Mit viel Herzblut dabei

Mit diesen Gaben wendet sich Katharina Thiersch Mitte der 80er-Jahre dem Kloster Haydau zu. Eine geplante Nutzungsänderung der Anlage durch eine Planungsgesellschaft hätte einen erheblichen Verlust an historischer Bausubstanz bedeutet. Wie diese einzigartige Klosteranlage und später das landgräfliche Schloss retten? Diese Frage und natürlich die der Finanzierung bewegt viele Gemüter – und Katharina Thiersch mittendrin.
Heute wissen wir, wie der eingeschlagene Weg aussieht und wer die anfängliche Vision Wirklichkeit werden lässt. Viele Wegbegleiter werden von Katharina Thiersch inspiriert, unbekannte, fast geheimnisvolle Wege zu gehen. Wir selber, die Schreinerei Hiege, dürfen das seit Anfang der 90er- Jahre praktisch miterleben. Die Ideen und handwerklichen Ausführungen werden an dieser Baustelle nicht durch die Innovationen der Industrie beflügelt, sondern durch die Bewusstseinserweiterung mit Blick auf das historische Handwerk und dessen Techniken, Rezepturen und Erfahrungen.

Auszeichnung für große Leistungen in der Denkmalpflege

Katharina Thiersch legt zudem viel Wert auf die Weiterbildung von Planern und Handwerkern. Hier im Fokus die Bewusstseinserweiterung am und für das Denkmal. 1988 wird Katharina Thiersch Gründungsmitglied der Hessischen Akademie für Forschung und Planung im ländlichen Raum, wo sie ihre Vorstandstätigkeit aufnimmt. Ab 1989 folgt die Strukturierung, Vorbereitung und vor allem Durchführung der Fortbildungskurse für Architekten und Ingenieure in der Denkmalpflege an der Propstei Johannesberg bei Fulda. Ich selbst habe die Reihe 7 von 1998 bis 2000 dort absolviert und bin sehr dankbar für die interaktive Wissensvermittlung – sowohl in den Vortragsreihen als auch in den praktischen Übungen und Umsetzungen. 1992 erhält Katharina Thiersch das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für ihre großen Leistungen in der Denkmalpflege.

Ein „Juwel“

Im Herbst 2003 geht Katharina Thiersch in den Ruhestand, was allerdings bei näherem Hinsehen nicht mit einem uns geläufigen Ruhestand ver- gleichbar ist. Hat sich für die ehemalige Hauptkonservatorin überhaupt viel geändert? Ich habe sie seit dieser Zeit genauso aktiv im Kloster Haydau, in der Propstei Johannesberg und anderen Bereichen angetroffen wie zuvor. Viele Dinge stehen noch auf ihrer Agenda, unter anderem die Arbeiten am Kloster Haydau, die sie weiter intensiv betreut, deren Dokumentation und Archivierung und die Erstellung des Pflegehandbuchs für die weiteren Instandhaltungsarbeiten.
Der Förderverein Kloster Haydau hat mit dem Kloster ein bauhistorisches Juwel zu erhalten und eine entsprechende Nutzung zu sichern. Auch Katharina Thiersch kann mit ihrem Wissen, ihrem regen Geist und ihrer leisen, aber hartnäckigen Art als ein „Juwel“ mit besonderer Bedeutung für uns und unsere Aufgabe bezeichnet werden.
Meine persönliche Wertschätzung und die des gesamten Fördervereins möchten wir an dieser Stelle, verbunden mit den herzlichsten Glück- und Segenswünschen zum 80. Geburtstag, nochmals zum Ausdruck bringen. Wir freuen uns auf viele weitere Jahre mit Ihnen an unserer Seite, liebe Frau Thiersch. Es ist schön, dass es Sie gibt!

Herzlichst, Helene Hiege

Quellen:
Weiß, Gerd: Katharina Thiersch im Ruhestand. In: Denkmalpflege und Kulturgeschichte. Heft 2, 2003, S. 60–61.
Bundesverdienstkreuz 1. Klasse an Dipl.-Ing. Katharina Thiersch. In: Denkmalpflege und Kulturgeschichte. Heft 4, 2004, S. 45.